Der Franziskusweg – Wandern im Zeichen des TAU

Ein Reisebericht unserer Kollegin Marina Biermann

Der Franziskusweg, offiziell Via Francigena di San Francesco, führt von Florenz über Assisi nach Rom. Rund 530 km, vorbei an vielen Wirkstätten des Franz von Assisi, verläuft der Weg durch die Toskana, Umbrien und Latium.

Mein Mann und ich haben uns entschieden, die 250 km von Assisi nach Rom zu laufen. Wichtigstes Utensil für die Reise, ist der Pilgerpass, der Credenziale del Pellegrino. In diesem werden Stempel gesammelt, um die Pilgerreise in Rom nachzuweisen. Gepilgert gilt der Weg dann, wenn man mindestens 100 km nach Rom zu Fuß oder 200 km mit dem Fahrrad oder Pferd zurückgelegt hat. Wir haben uns das TAU für den Wanderrucksack besorgt, um auch unterwegs als Pilger erkennbar zu sein, ganz ähnlich wie die Jakobsmuschel des Jakobswegs. Der Franziskusweg ist nicht so gut ausgebaut wie sein großer Bruder nach Santiago de Compostela. Man kann unterwegs in Pilgerherbergen übernachten, diese sind aber rar gesät. Entsprechend haben wir uns bemüht, möglichst viele Unterkünfte vorzubuchen.

Die Reise begann mit einer Nachtzugfahrt und einigen Tagen in Florenz, um diese wunderbare Stadt zu sehen und entspannt in den Urlaub zu starten. Dann ging es weiter mit dem Zug nach Assisi. Dort wurden wir offiziell als Pilger registriert und erhielten den ersten Stempel. Abends wurden wir in der Basilica di San Francesco, in der Franziskus begraben liegt, in einer kleinen Messe mit dem Pilgersegen auf dem Weg geschickt.

Als Wegweiser dienen TAUs und gelb-blaue Flaggen, die an Stromkästen, Bäumen oder Straßenlaternen angebracht sind. Der Weg begann gleich steil mit einem Anstieg auf 1200 m, belohnte die Strapazen aber mit einem Besuch einer Einsiedelei, der Eremo delle Carceri. Hierher zog sich Franziskus zum Beten zurück. Das kleine Kloster kann immer noch besichtigt werden und brachte uns direkt den nächsten Stempel ein, der uns von einem sehr freundlichen Mönch in der Pilgerpass gedrückt wurde.

Die folgenden Tage führt der Weg durch alte Olivenhaine, verwunschene Wälder und mittelalterlich anmutende italienische Dörfer. Wir folgen der Nera, einem Zufluss des Tibers. Ein besonderes Highlight ist ein gigantischer Wasserfall beim Städtchen Marmore. Der Anblick ist überwältigend, die folgenden vielen Stufen sind es leider auch. Nur vereinzelt führt der Weg leider auch über unansehnliche asphaltierte Straßen, die in der Mittagshitze besonders undankbar waren. Je näher wir Richtung Rom kamen desto wärmer wurde es, 35° C und mehr waren keine Seltenheit. Als kleine Empfehlung für alle die, die vorhaben diesen Weg zu pilgern: Der August ist vielleicht nicht die beste Zeit dafür. Vor allem die Anstiege beim Wechsel von einem Tal zum nächsten sorgen für ordentlich Anstrengung. Diese waren teilweise so steil, dass mein Mann vorlief und seinen Rucksack oben zurücklies, um mir entgegenzulaufen und meinen Rucksack zu übernehmen. Landschaftlich ist die Strecke überwiegend ein Traum. Der Weg folgt zum Teil ehemaligen römischen Handelswegen, führt vorbei an alten Steinbrücken und Signaltürmen. Besonders dankbar waren wir aber für die vielen Trinkwasserbrunnen, die uns mit kaltem, leckerem Quellwasser versorgten. Wie wichtig diese Brunnen sind, fällt auf, sobald mal keine da sind.

Der Weg lädt ein, sich mit sich und dem Lebensweg des Franziskus auseinanderzusetzen. Beim Wandern hat man die Zeit und Ruhe, sich mit Gedanken zu beschäftigen, die im Alltag zu kurz kommen. Gedanken nehmen ungehemmt ihren Lauf und dennoch kommt es vor, dass man kilometerlang einfach nur die wunderschöne Natur genießen kann.

In Rieti, das liegt ungefähr 100 km vor Rom und ist der Mittelpunkt Italiens, haben wir einen Tag Pause eingelegt, um uns die historische Altstadt anzuschauen und die Blasen an den Füßen zu versorgen. In der näheren Umgebung lassen sich gleich mehrere Wirkstätten von Franziskus begutachten.

Zu den Wanderhighlights gehört auch die Franziskusbuche. Ein uralter Baum unter dem Franziskus genächtigt haben soll. Dieser fällt durch seine verschlungenen Äste auf und lädt zum Verweilen nach einem sehr steilen Anstieg ein. Wie zu erwarten, steht auch dort oben eine kleine Kapelle, die Franziskus gewidmete ist. Eindrucksvoller als jedes Bauwerk ist hier jedoch die Natur.

Wir haben auf dem Weg trotz kaum vorhandener Italienischkenntnisse sehr viel Hilfsbereitschaft erfahren. Sei es ein Hinweis in die richtige Richtung oder auch eine Ladung geschenkter Pfirsiche, die bei der aufkommenden Mittagshitze eine willkommene Erfrischung waren.

Der Tag der letzten Etappe war ein ganz besonderer. Ich konnte es nicht wirklich glauben, dass wir fast 250 km durch Italien gelaufen sind. Der Urlaub hat sich durch das Wandern und die dadurch entstandene Entschleunigung länger und erholsamer angefühlt als jeder Strandurlaub. Der Moment als die Engelsburg in Sicht kam und wir kurz darauf auf den Petersdom zuliefen, war schon sehr emotional, zeigte das Ziel doch auch das baldige Ende des wunderbaren Urlaubs an.

Man sagt ja, viele Weg führen nach Rom und es stimmt, viele Pilgerwege führen nach Rom und enden dort. Am Petersdom angekommen, sind wir als Pilger mit abgetragenen Klamotten und den großen Rucksäcken aufgefallen wie bunte Hunde, doch das war uns ziemlich egal. Wir genossen den wunderschönen Moment. Nach einer Dusche und der täglichen obligatorischen Wäsche ging es dann auch endlich in den Vatikan. Dank unserer Pilgerpässe konnten wir die langen Schlangen an den Metalldetektoren umgehen und uns einen letzten Stempel und unsere Pilgerurkunden im Petersdom abholen. Auch in Rom verbrachten wir noch ein paar extra Tage und konnten dank guter Kontakte eine Führung durch die Vatikanischen Museen nur für uns erhaschen. Den Abschluss bildetet ein wunderbares Abendessen in einem tollen sizilianischen Lokal in der Nähe des Vatikans. Dieses war eine Empfehlung eines meiner Patienten, wodurch sich der Kreis zu unserem Franziskus Hospital schließt. Es war ein gelungener Abschluss einer wunderbaren Reise, die ziemlich anstrengend und erlebnisreich zugleich war. Ich kann den Weg nur empfehlen und bedanke mich an dieser Stelle nochmals dafür, dass mir für die Reise Exerzitientage genehmigt wurden. Allen die sich auf den Weg machen wollen, wünsche ich Buon Cammino.

Marina Biermann, Fachkraft für Anästhesie und Intensivpflege